Mitglieder der Technischen Studiengruppe (TSG) verfolgen erstes FIFA-Turnier mit 48 Mannschaften
Arsène Wenger erklärt, der Wettbewerb werde „den Fussball weltweit verändern“
Beobachtete Trends: mehr Tore nach Umschaltsituationen und aus dem Flügelspiel
FIFA‑Direktor für globale Fussballförderung, Arsène Wenger, lobte die erfolgreiche Veranstaltung der erstmals mit 48 Mannschaften ausgetragenen FIFA U‑17-Weltmeisterschaft™ in Katar und sagte, das Turnier werde weltweit einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Fussballs haben.
Als die Technische Studiengruppe ihre Analyse des Turniers präsentierte, sagte Wenger gegenüber Journalisten, es habe ihn gefreut, Nationalmannschaften aus allen sechs Konföderationen in Katar antreten zu sehen.
„Das ist die erste Ausgabe des Turniers mit 48 Teams, und das bedeutet, dass 25% aller Nationalmannschaften vor Ort vertreten sind“, sagte der frühere Trainer. „Es ist für uns alle sehr schön zu sehen, dass so viele Jugendnationalmannschaften aus aller Welt zusammengekommen sind und die Chance erhalten, am Wettbewerb teilzunehmen.“
„Wir sind überzeugt, dass dieser Wettbewerb den Fussball weltweit verändern wird. Warum haben wir diese Veränderung vorgenommen? Erstens wollen wir, dass sich jeder Mitgliedsverband dafür einsetzt, seinen Jugendbereich zu fördern und weiterzuentwickeln. Das ist derzeit leider nicht der Fall. Wir sind überzeugt, dass dieser Wettbewerb alle Beteiligten dazu anspornen wird, verstärkt in die Entwicklung ihrer Nachwuchssysteme und Ausbildungsprogramme zu investieren. Das zweite Ziel der Ausweitung besteht darin, jeder Nachwuchsgeneration die Chance zu geben, auf Spitzenniveau anzutreten“, erklärte er.
„Der Grund dafür war, dass wir im Rahmen unserer Analyse des weltweiten Fussballs festgestellt haben, dass internationale Erfahrung für die Entwicklung von 17‑jährigen Spielern besonders wichtig ist. Spieler aus Europa haben diesbezüglich einen Vorteil, weil sie mehr internationale Partien bestreiten als die meisten anderen Nationalmannschaften; auch in Südamerika werden vergleichsweise mehr Spiele ausgetragen. Wir wollen aber allen Spielern weltweit die gleichen Chancen ermöglichen.“
TSG‑Mitglied und ehemalige brasilianische Nationalspielerin Simone Jatobá sagte, sie sei beeindruckt gewesen, wie ausgeglichen das Niveau zwischen Mannschaften aus verschiedenen Teilen der Welt war.
„Ich glaube, dass das Niveau heutzutage sehr ausgeglichen ist ... Investitionen in die Jugendnationalmannschaften können einen grossen Unterschied für die Entwicklung des Fussballs machen und dazu beitragen, die Qualität und das Leistungsniveau anzugleichen. Solche Investitionen sind entscheidend, damit der Fussball in jedem Land nachhaltig wachsen kann. Ich bin überzeugt, dass sich der Fussball heute weltweit sehr ausgeglichen entwickelt. Das lässt sich auch bei der FIFA U‑17‑Weltmeisterschaft beobachten und ist ein sehr positives Zeichen.“
Das Turnier endet am Donnerstag, wenn Portugal und Österreich im Finale im Khalifa International Stadium aufeinandertreffen.
Bezüglich konkreter Trends stellte die TSG fest, dass ein grosser Teil der erzielten Tore wettbewerbsübergreifend aus Konterangriffen und Umschaltsituationen resultierte.
„Zuerst konnten wir festhalten, dass der aktuelle Trend aller Mannschaften darin besteht, schnell von der Offensive in die Defensive umzuschalten und ebenso rasch wieder von der Defensive in die Offensive überzugehen“, erklärte Wenger. „Dieser Trend zeichnet sich global ab. Er lässt sich sowohl bei diesem Turnier als auch im Profibereich beobachten und dringt zunehmend in andere Spielklassen vor.“
Der frühere Chelsea‑Spieler und irische Nationalspieler Damien Duff – der auch Mitglied der TSG ist – sagte, er habe beobachtet, dass insbesondere Flügelspieler aufgrund vermehrt eingesetzter Flanken den Ausgang von Partien entscheidend beeinflussen.
„Das zeichnet sich eindeutig ab, und auch die Statistiken legen dies nahe. Es ist immer interessant zu beobachten, aus welcher Position die Flanken geschlagen werden und wie sie im Strafraum ankommen. Ich bin natürlich ein grosser Fan von Eins‑gegen‑eins‑Situationen auf dem Flügel, und bei diesem Turnier durften wir einige Weltklasse‑Spieler auf dieser Position sehen. Auch an der Seitenlinie waren einstudierte Spielzüge und Laufwege zu beobachten, die dazu beitrugen, dass die Flanken ankommen. „Zu guter Letzt muss ich sagen, dass mich die Bewegungen der Stürmer ohne Ball im Strafraum beeindruckt haben. Sie positionieren sich konsequent ausserhalb des Sichtfelds der Verteidiger, was man normalerweise nur auf Spitzenniveau beobachten kann“, sagte er.
Arsène Wenger bemerkte ausserdem die explosive Spielweise auf dem Flügel, die viele Mannschaften als taktisches Mittel einsetzten.
„Bei diesem Turnier konnten wir eindeutig beobachten, dass alle Spieler, die auf den Aussenbahnen spielen, sehr schnell sind, und dass es kaum noch eine erfolgreiche Mannschaft gibt, die nicht auf explosive Flügelspieler setzt. Vor allem in Umschaltsituationen positionieren sie sich sehr weit aussen, oft hinter den Verteidigern. Dies ist ein weltweiter Trend, den wir auch hier bei diesem Turnier beobachten konnten.“
Das Analyseteam der TSG beobachtete zudem eine Tendenz zu weiten Einwürfen bis in den Bereich des Elfmeterpunkts. Dies wird vor allem in den Profiligen häufig eingesetzt und war auch bei den U‑17‑Nationalmannschaften ein beliebtes Mittel. Der prozentuale Anteil langer Einwürfe in den Strafraum stieg von 7 % auf 22 %.
Der frühere niederländische Nationalspieler Aron Winter, der unter anderem für AFC Ajax, SS Lazio und FC Internazionale Milano im Mittelfeld auflief, beobachtete, dass erfolgreiche Teams vor allem im Zentrum auf eine enge, kompakte Struktur setzten und damit den Gegner nach aussen drängten.
Der TSG‑Torhüterexperte und ehemalige schweizer Nationalspieler Pascal Zuberbühler stellte zudem fest, dass sich die Rolle der Torhüter im Spielaufbau weiterentwickelt hat und sie häufiger als „zusätzliche Feldspieler“ agieren. Er zeigte sich zudem zufrieden, dass die Ballverteilung der Torhüter abwechslungsreicher geworden ist und auch wieder vermehrt lange Bälle eingesetzt werden.
„In den letzten zehn Jahren galt es für Torhüter nahezu als Tabu, lange Bälle zu schlagen. Dabei ist es ein sehr wirkungsvolles Mittel und sehr effizient“, erklärte er.